Spielchen für zwischendurch!

"Kaiserschnitt? Aber meintest du nicht das es noch dauert bis euer Racker zur Welt kommt?" Frau Schnippel blickte besorgt von ihrer Heckenschere auf.
Marc blickte zur Seite. "Tja nun es es..."

Entsetzt riss Frau Schnippel die Augen auf. "Sie hat das kleine doch nicht etwa verloren, oder?!"

"Nein, Chiara lebt. Also jedenfalls war das eben noch so bevor ich hier her kam." Marc rieb sich die Augen. Was wenn sie gerade starb?

"Und was machst du dann hier??? ABMARSCH MARC!! Wir fahren jetzt ins Krankenhaus!!"

Unterdessen im Krankenhaus.
Mehdi kam mit einer Pipette und saugte damit vorsichtig die Tropfen auf.

Marc schüttelte den Kopf. "Ich KANN da nicht hin! Wenn ich nicht wäre, dann wär meine Tochter nämlich noch ganz gemütlich im Bauch ihrer Mutter!"

Gretchen sah Mehdi an."Kann ich es ihr geben? Und... muss ich die andere Brust auch noch abpumpen?"

"Ja, jedenfalls bis zum Milcheinschuss. Damit dieser an beiden Brüsten gleichmäßig in Kraft tritt. Danach dann am besten immer Abwechselnd. Aber solange die Milch noch nicht eingeschossen ist solltest du immer beide Brüste abpumpen."

Gretchen nickte. Sie würde schon dafür sorgen, dass Chiara Milch bekam!

"Wie kommst du denn auf den Gedanken das du an der Frühgeburt, es war doch eine oder, schuld bist? In meiner Kindergartengruppe sind immer 1 - 2 Frühgeburten. In Deutschland gibt es jedes Jahr sehr sehr viele. Du als Arzt müsstest die Statistiken darüber doch besser kennen als ich:" Empörte sich Frau Schnippel.
"Also komm jetzt. Ich fahre und auf der Fahrt erzählst du mir erst mal alles."

Marc weigerte sich weiterhin. "Meine Güte nein ich geh da nicht hin! Wir haben gebumst, okay?! Obwohl wir nicht sollten! Und dann hab ich Gretchen auch noch aufgeregt und dann als ich aus dem Raum war ist ihre Fruchtblase gesprungen! Und jetzt liegt meine Tochter an Tausende Kabel und Schläuche angeschlossen auf der Frühchenstation im Brutkasten, wird künstlich beatmet und ernährt und es ist nicht mal annähernd sicher, dass sie überlebt! Natürlich bin ich Arzt und weiß, was passieren kann! Aber im moment ist es das schlimmste überhaupt für mich, Arzt zu sein! Ich wünschte ich könnte so naiv sein und sagen ´alles wird gut, da bin ich mir sicher´. Aber ich weiß es besser! Gretchen war in der 20 SSW! Das ist gerade mal die Hälfte! Chiara ist so groß wie ein Kuli! Was denken sie, wie viele Kinder und Babys ich schon auf dem OP tisch hatte, die mir egal waren?! Ich dachte immer das die eltern nicht so rumheulen sollen und es ging mir so dermaßen am arsch vorbei! aber das geht nicht mehr! Chiara hat bei der geburt nicht mal richtig geschrien! sie hätte aber schreien müssen! denn säuglinge haben ein loch in der Herzscheidewand, dass sich nur durch den ersten schrei schließen kann! was machen wir, wenn die kleine operiert werden muss, hä?!"

"Dann tut ihr das was Eltern eben machen. Hoffen. Denn Eltern sein heißt Angst haben. Das gehört dazu. Immer und überall. Und das wird sich nicht ändern, denn sie ist ein Teil von euch. Ok, Chiara hat keine optimalen start aber das ist noch lange kein Grund sie im Geiste zu beerdigen!! Wenn sie nur halb so Starrsinnig ist wie ihr Vater wird sie das schaffen!!"
Frau Schnippel setzte gerade zu einer weiteren Belerungsrunde an da wurde sie von dem fiepen von Marcs Handy unterbrochen. Es war eine SMS von Mehdi

"Meier bewege deinen Arsch wieder hier her. Gretchen und du ihr müsst für Chiara da sein. Falls es dich interessiert Gretchen hat eben zum ersten Mal abgepumpt und wir haben gerade mit einer Pipette Chiara die ersten Tropfen Muttermilch gegeben."

Marc setzte sich auf die Gartenbank und schloss die Augen. Er wünschte sich, dass er es Gretchen hätte ersparen können, ihn je zu treffen... Auch Marcus hätte nie sterben sollen. Lieber wäre er vor einen Baum gefahren... Dann hätte Anton seine Familie noch. Er verfluchte sich selbst für seiner unsensible Art wenn es um den Umgang mit Patienten und ihren Angehörigen ging und dafür, dass er Patienten immer als eine Art "ding" gesehen hatte, nicht als menschen.

"Mehdi schau nur, sie trinkt! Nun pack das Handy weg und schau wie sie trinkt!" Gretchen strahlte.

"Ja Gretchen, das ist gut. Wir sollten versuchen ihr regelmäßig ein paar Tropfen zusätzlich zur künstlichen Ernährung zu geben. Das heißt für dich. Alle 3 Stunden pumpen. Egal ob Tag oder Nacht. Sieh es als Aufwärmübung für die Zeit wenn Chiara aus dem Brutkasten kann." Gretchen nickte, sie würde alles tun was Chiara half. "Ist es ein gutes Zeichen wenn sie die Milch annimmt?"

Mehdi lächelte. "Es wird ihr jedenfalls nicht schaden und durch die Abwehrkräfte kann sie nicht so schnell erkranken."

Gretchen strich wieder über Chiaras Arm. "Hörst du das Mäuschen? Bald kannst du aus dem Kasten raus. Und dann werden wir dich endlich in die Arme schließen können. Anton, dein Papa und ich, wir können es kaum noch erwarten."
Gretchen sah Mehdi an. "Meinst du Marc wird wieder kommen? Wie kann ich ihn denn davon überzeugen das er unsere Tochter nicht zum Tode verurteilt hat?"

Mehdi seufzte. "Ich hoffe doch, dass er kommt... Man Gretchen, es hat sich halt alles blöd ergeben, konnte ja keine ahnen, dass die blase springt, nachdem ihr GV habt."

"Das weißt du und das weiß ich. Aber Marc gibt sich die schuld daran. Gott allein vermag zu sagen was geschieht wenn Chiaras zustand sich verschlechtert." Gretchen sah zu wie sich Chiaras Brustkorb hob.
"Mehdi? Bringst du mich zur Krankenhauskapelle? Ich möchte gerne beten."



"Marc? Marc? Hörst du mir zu? Was stand denn in der Mitteilung???" riss Frau Schnippel Marc aus seinen trüben Gedanken.

Marc winkte ab. "War nur der Gynäkologe.."

"Ja und was sagt er??"
"Das Gretchen Mich abgepumpt hat und Chiara sie getrunken hat", grummelte Marc.
"Na siehst du denn nicht was das heißt????" Marc schüttelte den Kopf.
"Das eure Tochter leben will!!" Frau Schnippel sprach die Worte langsam und eindringlich aus.

"Wollen und können sind verschiedene dinge, Frau schnippel..."

"MARC MEIER!!! Du willst scheinbar das die kleine stirbt!!!"

Marc sah sie apatisch an. "nein... nein... ich..ich wollt sie nicht... umbringen... nein..."

Frau Schnippel nahm sein Gesicht in die Hände und sah ihm tief in die Augen. "Marc, hör mir genau zu! Deine Tochter lebt! Du kannst vieles aber keine Fruchtblase zum platzen bringen!! Und jetzt beweg verdammt noch mal deinen Hintern und sei für deine Verlobte und deine Tochter da!!!"

Marc nickte. Plötzlich bekam er eine Idee. "Ich werd sie Känguruhen!" Schnell war der Chirurg aufgesprungen.

"Was wirst du?" Frau Schnippel eilte hinter ihm her.

Marc rollte mit den Augen. "Känguruhen! Körperkontakt! Baby auf nackte Brust. Dadurch bekommt das Kind viel wärme, die Atmung wird stimuliert, es stellt das Kind zufrieden und es kann den Herzschlag hören! Das machen die Afrikaner mit ihren Frühchen, weil die dort meist keine Brutkästen haben."

"Aber Marc sprich das bitte mit dem Arzt ab", keuchte Frau Schnippel, " Wir sind schließlich hier in einem hochtechnisierten Land."
Doch Marc war schon in sein Auto gestiegen und brauste Richtung Krankenhaus.

Dort saß Gretchen alleine in der Kapelle oder Raum der Stille wie es ja hieß, damit sich keine Glaubensrichtung benachteiligt fühlte. Sie betete, auch wenn sie keine allzu große Gläubige war, so betete sie jetzt. Für das Leben ihres Kindes und für ihre Liebe.